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old Joe
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Kurz dazu: Wir bewegen uns mit diesem Projekt im Bereich der Sprache. Diese wird wesentlich getragen und schöpferisch weiterentwickelt von der Literatur. Da die Beleglage jeweils durch Googeln abgesichert werden soll, beruht OT vorläufig sogar ausschließlich auf Literatur = geschriebener Sprache. Viele Redewendungen, Sentenzen und Aussprüche entstammen der schönen Literatur und die jeweilige Autorschaft lässt sich mit den heutigen Möglichkeiten des Internet meist sehr einfach feststellen und auch dokumentieren. Ein, sagen wir: Goethe-oder Bibelzitat als 'Spruch' abzuqualifizieren, halte ich für eine eher banausische Vorgehensweise.
Hinzu kommt, dass viele dieser 'Sprüche' gedankenlos benutzt werden, ohne dass sich die Verwender dessen bewusst sind, dass es sich um ein Zitat aus der 'hohen' Literatur handelt. Eine solche (Zusatz-) Information dürfte vor allem von bildungsbürgerlichen Nutzern wertgeschätzt werden. Wer über Sprache reflektiert - und das dürfte auf viele zutreffen, die die Seiten von OT besuchen -, macht sich oft Gedanken über die Herkunft bestimmter Sätze oder Wendungen. Zumindest *ich* bin über Informationen dazu regelmäßig sehr dankbar. Auch für fortgeschrittene fremdsprachige Nutzer dürften derartige Informationen nicht wertlos sein. Sie eignen sich vielleicht nicht zum Bräute-Aufreißen auf einer Ballermann-Party, aber als anekdotische Einstreusel in Gesprächen unter sprachsensiblen Zeitgenossen mögen sie je nach Veranlagung als humoristische Kommentare oder halt à la 'Wie sagte noch der große Goethe ...' zum Angeben dienen.
Ich finde, die Seltenheit eines Taggs kann nicht das Kriterium sein.
Ich sehe mich jetzt auch nicht unbedingt Bannerträger der heiligsten Güter des Bildungsbürgertums. Aber man sollte nicht abtun, was gelehrte Leute - zu denen ich nicht zähle - an Hintergrundwissen in sprachlichen Angelegenheiten beizutragen hätten. Dass bestimmte Formulierungen ursprünglich einer literarischen Quelle entnommen sind, gehört mit zum Kanon dessen, was in diesen Kreisen selbstverständlich nicht unterschlagen werden soll. Jene als 'Sprüche' zu bezeichnen - und als solche funktionieren sie erstaunlicherweise und als nichts weiter kommen sie den bildungsfernen Jüngern der aktuellen Massen-Trivialkultur allenfalls vor - mag vielleicht einem Zeitgeist entsprechen, stellt gleichwohl eine, wie ich finde, unverdiente Banalisierung von kulturellen Leistungen dar, die in ihrem Ursprungskontext vielleicht mit einem heute lächerlich erscheinenden Pathos aufgeladen daherkamen, von dem die bloße Kenntlichmachung als 'geflügeltes Wort' heute nur noch einen matten Reflex abgibt. Diesen letzten Nachglanz einstiger Erhabenheit - klingt jetzt auch pathetisch - sollte man ihnen lassen, denke ich.
Ist allerdings letztlich ne Geschmacksfrage.
Sagt Dir 'Der Büchmann' etwas? ( https://de.wikipedia.org/wiki/Gefl%C3%BCgelte_Worte) Wenn nicht, hol Dir mal ne Ramschausgabe für Klimpergeld (1,99 bei ebay) und blätter mal drin rum, oder schau bei Wikipedia rein ( https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_gefl%C3%BCgelter_Worte). Man kann nur staunen, was alles 'geflügelte Worte' sind. Wir sind ja hier noch nicht so weit fortgeschritten, man könnte schon davon ausgehen, das von den tausenden dort aufgeführten Sätzen und Wendungen noch so manches hier in OT eingehen wird, so dass sich die Galerie der 'geflügelten Worte' hier mit der Zeit erweitern würde. Wobei: Nicht in jedem Fall, wo man es könnte, würde ich das hier auch kenntlich machen, allenfalls als Wikipedia-Verweis.
Davon abgesehen ist es durchaus schwierig, für den Bereich der Phraseologismen 'vernünftige' Bezeichnungen zu finden. Den Tagg 'Spruch' hatte ich in diesen Bereich eingeführt, weil alles, was es sonst gibt (Sprichwort, Redensart, Zitat/geflügeltes Wort) auf eine bestimmte Art von 'Fertigsätzen' nicht passt.
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Daniel Naber
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Folgende Tags hatten wir im Bereich Phraseologismen:
Redensart
redensartlich
Sprichwort
sprichwörtlich
Spruch
geflügeltes Wort
"geflügeltes Wort", was nur fünfmal benutzt wurde, ist jetzt weg. Das ganze Tag-System macht leider wenig Sinn, wenn ich bei jeder Änderung erst 20 Minuten nachdenken und recherchieren muss, welches von sechs sehr ähnlichen Tags denn jetzt nun passt. Der Effekt ist der, den wir jetzt schon haben: extrem wenige Leute beteiligen sich und die Chance, dass ihre Beiträge von guter Qualität sind, wird immer kleiner.
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old Joe
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In dem Bereich Phraseologismen Tags zu verteilen, könnte man denjenigen überlassen, die sich die Mühe machen wollen. Ich gehe nicht davon aus, dass etwas, das ich einmal eingestellt habe, in alle Ewigkeit auch unverändert so bleiben und nicht ergänzt oder variiert wird.
Leider ist es ansonsten so, dass vieles, was hier beigetragen wird, nicht besonders passgenau daherkommt und verbesserungsbedürftig ist. Ich weiß nicht, ob die Grundidee überhaupt so funktionieren kann: Irgendwelchen Leuten fallen ein paar schöne Synonyme ein oder etwas, was sie dafür halten, und das tragen sie dann per Smartphone mal eben in OT ein, das ganze Material sammelt sich in einer Art Ameisenhaufen, der sich irgendwann von selbst entwirrt und wie von Zauberhand Struktur gewinnt, so dass am Ende ein schönes, brauchbares, kostenloses, überall verfügbares, flexibles und wirklich nützliches Sprachwerkzeug wie Phönix aus der Asche auferstanden ist. Beiträge von Gelegenheitsbesuchern können bereichernd sein, sie sind es oft nicht. Es gibt viele Leute, die wirklich eine große Kompetenz hätten, hier mitzuwerkeln, aber sie haben einfach keine Lust dazu, aus welchen Gründen auch immer. Und im Zusammenhang damit sehe ich die Krux von OT: Das ist hier kein Spielzeug, sondern ein Werkzeug, keine Spielerei, sondern ernst gemeint, kein Freizeitvergnügen, sondern in letzter Konsequenz Arbeit. Und dafür haben viele keine Zeit, und sie haben eben auch nicht den Nerv, sich in dieser Ernsthaftigkeit damit zu beschäftigen.
Da in diesem Sinne vieles, was hier eingetragen wird, nicht so stehen bleiben kann, wird es eben oft nachträglich richtig eingeordnet: Dann werden Gruppen zusammengelegt, auseinandergenommen, ergänzt, zusammengestrichen oder auch komplett gelöscht. Das stellt auf der psychologischen Ebene ein großes Problem dar, denn es wird oft als Kränkung erlebt - geht mir auch so, ehrlich gesagt. Das argumentativ hier im Forum aufzulösen, sind viele nicht bereit, denn auch das stellt Arbeit bzw. Zeitaufwand dar. *Ein* mögliches Ergebnis ist dann der Rückzug. Ich hab hier ein paar kommen und gehen sehen, deren weitere Mitarbeit ich sehr begrüßt hätte, denen aber erklärtermaßen oder unausgesprochenerweise die Auseinandersetzungen, die an einzelnen Punkten nötig sind, zu stressig sind, oder die sich nicht auseinandersetzen wollen, gibt's auch. Oder aus irgendwelchen anderen Gründen, hier legt ja keiner seine Karten auf den Tisch, auch Du nicht, und im Ergebnis dann niemand, denn man kommt immer nur so weit aus dem Busch, wie man auf irgendeine Resonanz hoffen darf. Damit sieht es hier nun mal sehr mau aus.
Ich bezweifle rundweg, dass es an der Kompliziertheit des Tag-Systems liegt, dass sich hier kaum jemand beteiligt, das hat andere Gründe, die wüsste ich auch mal gern. Was das Entfernen von 'geflügelte Worte' angeht: geschenkt. Das kann ja auch in den Kommentar.
Vielleicht könnte man eine Guideline zum Umgang mit Phraseologismen erstellen, so à la:
- Sprichwörter sind Sätze, die kaum veränderbar sind, erkennbar aus der Vergangenheit stammen und eine Lebensregel beinhalten: Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. Die meisten Sprichwörter sind in Sammlungen zu finden, die nur begrenzt erweiterbar sind.
- Sprichwörtlich sind Sätze oder Redewendungen, die einen sprichwortartigen Charakter haben, aber entweder aus neuerer Zeit stammen oder keine Lebensweisheit beinhalten wollen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben (geflügeltes Wort, das Gorbatschow zugeschrieben wird). Sie können im Lauf der Zeit zu Sprichwörtern werden.
- Redensarten sind Satzteile, die einen von der wörtlichen Bedeutung der einzelnen Wörter abgelösten, 'tieferen' Sinn haben; oft sind es Verbindungen von Verben: eine ruhige Kugel schieben = eine 'gemütliche' Arbeit haben, oder: sich nicht besonders anstrengen bei einer Arbeit
- 'Redensartlich' hab ich mir grade mal angesehen, die könnte man wahrscheinlich auflösen und bei den Redensarten unterbringen, bzw. Sprüche sind auch dabei (das kommt davon!, Tu, was du nicht lassen kannst.) Ein Problem dabei sind Sätze oder Wendungen, die in dem Sinne keine 'zweite Bedeutung' haben (das ist die Hauptsache; komm doch erst mal an....)
- Sprüche sind Sätze oder Floskeln, die man vor allen Dingen häufiger hört, die eine Situation oder eine Person kommentieren oder charaktersisieren, oft auf witzige oder originelle Art und Weise: Kommste heut nicht, kommste morgen = wozu die Hektik, bzw. 'der Mann ist ne ziemliche Trantüte'; sie können aus Filmtiteln, Werbeslogans, populär gewordenen Zitaten wie überhaupt aus allem hervorgegangen sein, was eine gewisse Bekanntheit erlangt hat.
- Geflügelte Worte sind Zitate, deren Quelle bekannt ist und die in den allgemeinen Sprachschatz eingegangen sind. Sie können als Sprichwörter oder Sprüche empfunden werden (Bibel: Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf; Auge um Auge, Zahn um Zahn) oder die Form von Redensarten haben (Bibel: ein Herz und eine Seele, auf keinen grünen Zweig kommen)
Das Ganze noch weiter komprimiert:
Sprichwörter sind verallgemeinernde Sätze, die eine allgemeine Lebensregel bildhaft zusammenfassen. Sie sind meist alt und ihre Sprache wirkt oft altertümelnd.
Sprüche sind Sätze oder satzartige Wortverbindungen, die als solche vom Sprecher als fertige Satzbausteine übernommen werden und in Dialogen als schlagfertige Erwiderung oder allgemein als Kommentierung bzw. Charakterisierung von Situationen oder Personen benutzt werden. Oft sind sie salopp.
Redensarten sind in der Regel Satzteile mit bildlicher Bedeutung (der Tag 'figurativ' beinhaltet automatisch den Tag 'Redensart', nur 'fig.' reicht in diesem Fall, die meisten Redensarten findet man hier, wenn man dem Tag 'fig.' sucht) oder mit einem formelhaften Aufbau (z.B. Zwillingsformeln) oder als bloße Floskeln (dass ich das noch erleben durfte!).
Sprichwörtlich sind solche Sätze oder Redewendungen, die einen sprichwortartigen Charakter haben, also wie ein Sprichwort wirken (alt, lebensregelartig).
[Markierungen als Zitate, geflügelte Worte, Aphorismen, Gemeinplätze usw. können in den Kommentaren ausgewiesen werden.]
Eine klare Abgrenzung ist nicht möglich, in der Umgangssprache werden diese Begriffe alle vermischt. Sprachwissenschaftliche Definitionen, die es in neueren linguistischen Arbeiten auch gibt, sind für unsere Zwecke wahrscheinlich untauglich.
Diese Nachricht wurde 1 Mal bearbeitet. Letzte Veränderung war am 04.10.2016 11:28
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Admin
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Unter https://github.com/danielnaber/openthesaurus/wiki/Tags habe ich Deine Definitionen mal übernommen, damit sie nicht im Forum untergehen. Diese Seite auf github ist übrigens auch editierbar (man braucht einen github-Account).
Ansonsten habe ich:
-Tag "beleidigend" mit "abwertend" zusammengeführt
-Tag "Erziehungsspruch" mit "Spruch" zusammengeführt
-"redensartlich" mit "Redensart" bzw. "Spruch" zusammengeführt
Diese würde ich noch gerne zusammenführen, wenn nichts dagegen spricht:
https://www.openthesaurus.de/tag/list?tag=formelhaft
https://www.openthesaurus.de/tag/list?tag=floskelhaft
örtlich ist mir nicht klar: https://www.openthesaurus.de/tag/list?tag=%C3%B6rtlich - ist das (quasi) das gleiche wie regional?
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old Joe
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Hab ich zwar nicht kre-iert, würde ich aber anders verstehen, nur würde ich einen rein lokalen Sprachgebrauch (z.B. aus dem Aachener Platt) hier nicht aufnehmen.
'Floskelhaft' sollte heißen, über 'formelhaft' hinaus, 'in der Regel nicht ernst gemeint' bzw. 'nicht wörtlich zu verstehen', sondern reine Höflichkeit, z.B. 'mit freundlichem Gruß'.
'Formelhaft' wäre eine Wortschablone, bei der das Gesagte jedoch im Grundsatz gelten soll, auch wenn es sehr blutarm oder stereotyp ausgedrückt ist, wenn es z.B. eine allzu ausgelutschte Wortverbindung ist, bei der man sich fragen muss, ob sie den Sachverhalt gut trifft (ob z.B. die 'Kleinarbeit' immer so 'mühevoll' oder so 'klein'schrittig ist, wie es sich in der Formel 'in mühevoller Kleinarbeit' andeutet, darf man zu Recht bezweifeln, oft wird diese 'Floskel' gedankenlos oder halb-scherzhaft benutzt, ähnlich wie 'mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten' heutzutage von allen möglichen Unternehmenssprechern).
In der Praxis wurde der Unterschied von mir jedoch nicht beachtet. Das würde für Zusammenlegung sprechen. 'Floskelhaft' scheint gebräuchlicher zu sein.
'Beleidigend' sind Wörter, von deren Gebrauch jedem Ungeübten dringend abzuraten ist, anders als die meisten 'abwertenden'. Ich hab mal vorgeschlagen, die mit einem Totenkopf zu versehen. Dazu würde ich z.B. 'Schlampe' oder 'Flittchen' zählen. Das ist aber situationsabhängig. Rein rechtlich kann praktisch alles beleidigend sein. Hat der Spiegel das diese Woche nicht als Hauptthema?
'Erziehungssprüche' sind eine ganz bestimmte Sorte Sprüche, man findet sie im Internet unter 'Elternsprüche'; gibt ein paar hundert davon. Man erfährt sie nur, wenn man jung ist, später gibt man sie zum großen Teil an seine Kinder weiter, obwohl man sie als Kind und Jugendlicher gehasst hat.
'Papierdeutsch' wird u.a. im Duden benutzt um eine bestimmte Sorte künstlich distanzierter und durch wichtigtuerische Amtswürde aufgeblähte Sprache zu bezeichnen: im Bejahungsfalle, unbeschadet, obig, im Zuge (des Verfahrens) - es ist eine Art umstandskrämerisches Amtsdeutsch. Insofern sind auch viele der Bizarrerien des gendergerechten Sprachgebrauchs 'Papierdeutsch' ohne wirklichen Nutzeffekt.
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Die 'Definitionen' zu Redensarten usw. hab ich mir aus den Rippen geschnitten, die müssen tatsächlich noch überarbeitet werden. Mal sehen ob ich das irgendwann hinbekomme mit einem github-Konto.
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Daniel Naber
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-Das Tag "örtlich" habe ich jetzt in "regional" umgewandelt
-"formelhaft" ist jetzt auch "floskelhaft"
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